Eigener Webradio-Server

Computer nach euren Vorstellungen

Tutorial: Der Weg zum eigenen Webradio
Mit Winamp, Shoutcast und Peer-to-Peer zum eigenen Radiosender

Um sich als Radiopirat zu versuchen, bedarf es heutzutage keiner sperrigen Antenne mehr, die im Garten aufgestellt wird, um im Umkreis von ein paar Kilometern die Leute mit der eigenen Plattensammlung zu unterhalten. Das Internet und Streaming bieten Piraten die Welt als Zielgruppe und verbreiten den eigenen Sender um den ganzen Planeten, ohne Antenne und nach einem kleinen Obulus an die GEMA auch noch völlig legal.

Technische Hürden

Das Internet wurde ursprünglich nicht für die Verbreitung von Live-Inhalten entwickelt, deshalb ist es technisch gar nicht so einfach, Radio live in die Welt zu verschicken. Anders als bei Radio und TV gibt ein Sender im Internet nur auf Anfrage eines Computers Datenpakete heraus. Doch von einer Live-Aufzeichnung existiert ja schließlich noch gar keine fertige Datei, die verschickt werden könnte. Die Lösung ist Streaming, dabei werden sehr kurze Bruchstücke versendet, die auf dem Computer des Empfängers wieder zusammengebaut werden. Ein Puffer von etwa drei Sekunden sorgt dafür, dass die Sendung nicht stockt. Dadurch verzögert sich die Ausstrahlung natürlich um diese drei Sekunden.

Die große Antenne des Piratensenders dient hierzu als sehr gutes Beispiel: Mit einer Antenne, die pausenlos Funkwellen aussendet, können theoretisch unendlich viele Hörer erreicht werden, für ein Webradio benötigt jeder Hörer eine eigene Antenne im übertragenen Sinne. Der sendende Computer muss eine Verbindung zu jedem hörenden Computer herstellen und mit ihm Datenpakete austauschen. Daraus ergeben sich weitere Probleme, wenn die Hörerschaft die Fünf-Personen-Grenze übersteigt, aber dazu später.

Die Zutaten

Es kommt ganz auf den Zweck des Radios an, welche Dinge für eine Sendung benötigt werden. Um einfach eine Playlist mit Musik von der heimischen Festplatte auszustrahlen, reicht ein Computer mit Soundkarte. Soll auch ein Moderator die Musik begleiten, wird ein Mikrofon und bestenfalls ein Mischpult benötigt.

Wer nur Freunde, Familie oder die engsten Bekannten erreichen möchte, der schafft das allein mit dem heimischen Computer und einer DSL-Internet-Verbindung. Wer allerdings das große Publikum sucht, braucht eigenen Webspace mit Root-Rechten oder muss sich auf einige Kompromisse einlassen. Kommt das Programm von einem Server, so entstehen neben den Abgaben an GEMA und GVL auch noch Kosten für den Webspace und den entstehenden Traffic. Aber keine Sorge. Moderne Computer mit I5 Prozessor, die keine weiteren Inhalte ins Web schicken, halten schon locker eine fünfstellige Anzahl an Hörern aus. Und auch bei noch mehr Hörern, lässt sich leicht eine Aufstockung des Arbeitsspeichers vornehmen.

Freunde hören kostenlos

Eines vorweg: Solange Sie mit den folgenden Methoden nur die engsten Freunde an Ihrem Radio teilhaben lassen, müssen keine Abgaben an GEMA oder GVL geleistet werden. Da kommt dieselbe Regelung zum Tragen, die es erlaubt, Musik auf Partys zu spielen, ohne Abgaben zu leisten. Wichtig ist dafür, dass der Link zum Radio auch nirgendwo öffentlich präsentiert oder beworben wird.

Die einfachste Möglichkeit, einen Live-Stream in die Welt auszusenden, bietet Nullsoft. Mit dem Winamp, einem DSP Plug-In und dem Shoutcast-Server wird im Handumdrehen ein Stream erzeugt und durchs Netz verschickt. Potentielle Hörer erreichen den „Radiosender“ über die IP-Adresse des Senders.

Variante eins: Winamp mit DSP und Shoutcast

Wer schon einmal Winamp verwendet hat, sollte auch mit dem Streamen seiner Playlist keine Probleme bekommen. Zunächst wird das DSP-Plug-In heruntergeladen und installiert. Danach kann der Shoutcast Server installiert und gestartet werden. Über das DSP-Plug-In wird der Winamp-Server mit dem Player verbunden und alles, was im Winamp läuft, wird in das Internet weitergeleitet.

Öffnen Sie über „Strg + P“ die Einstellungen des Winamp und wählen Sie dort auf der linken Seite DSP/Effekt. Klicken Sie nun doppelt auf den Eintrag auf der rechten Seite, danach sollte das folgende Fenster erscheinen. Das Fenster ist durch vier Reiter unterteilt, viele Einstellungen sind jedoch nicht möglich. Gleichzeitig sollten Sie den Shoutcast DNAS Server laden und im Hintergrund laufen lassen.

Über DSP wird alles, was gerade im Winamp abgespielt wird oder in den Line-In der Soundkarte eingespeist wird, an den Radioserver übertragen, der es in einen Stream umwandelt.

Im Reiter „Input“ sollte als Device „Winamp“ gewählt sein, wenn Sie streamen möchten, was gerade im Winamp abgespielt wird. Wird Line-In eingestellt, streamt der Server alles, was in den Line-In-Anschluss der Soundkarte eingespeist wird. Über ein Mischpult können Sie so Musik von der CD oder auch vom Rechner einspielen und gleichzeitig Ton aus einem Mikrofon hinzufügen: eben richtiges Radio machen.

Unter „Encoder“ können verschiedene Kodierungen gewählt werden, dabei ist zu beachten, dass die Bandbreite einer Internetverbindung begrenzt ist. Die meisten Online-Radios senden mit 32 kbps, bei einer normalen DSL-Leitung ist bei fünf Hörern Schluss, da der Upload der Leitung nicht mehr Traffic verkraftet. Wenn der Radio-Sender benutzt wird, um Musik in einem großen lokalen Netzwerk zu streamen, können auch höhere Bitraten verwendet werden, da die Leitung entsprechend besser ist.

Die eigene Playlist live schalten

Nun kann die Sendung schon beginnen. Unter dem Reiter „Output“ wird Winamp mit dem DNAS-Server gekoppelt. Die Einstellung unter „Connections“ sollten soweit stimmen, nur unter „YellowPages“ sollten Sie Ihrem Sender einen Namen geben. Ist das geschehen, kann die erste Verbindung aufgebaut werden: Drücken Sie auf „Connect“. Jetzt sollte der Status eingeblendet werden, er verrät wie lange die Sendung schon läuft und wie viele Bytes schon versendet wurden. Auch im Shoutcast-Server wird die Verbindung zum Winamp nun angezeigt. Die erste Sendung läuft, doch wie wird sie empfangen? Netzwelt verrät es auf der nächsten Seite.

Um einen Audiostream ins Internet zu senden, sollte die Verbindung möglichst nicht durch eine Firewall oder einen vorgeschalteten Proxy-Server behindert werden. Es gibt Möglichkeiten den Stream aufzurufen, eines wird jedoch immer benötigt, die Hörer müssen die IP-Adresse des Servers erfahren.

Sender aufrufen

Der Stream kann sehr einfach direkt über den Winamp geöffnet werden, dazu wird über „Strg + L“ die Funktion „URL öffnen“ ausgeführt und in das Feld wird die IP-Adresse des Senders und der entsprechende Port eingetragen, getrennt durch einen Doppelpunkt. Die IP-Adresse im folgenden Beispiel müssen Sie durch die eigene ersetzen. Ihre IP-Adresse erfahren Sie zum Beispiel bei ipnummer.de.

Wird die gleiche Adresse in einem Webbrowser eingetragen, erscheint ein kleines Web-Interface samt Informationen über Ihren Sender. Mit einem klick auf „Listen“ am oberen Rand des Browserfensters wird die Streaming-Datei heruntergeladen und kann mit dem Winamp abgespielt werden. Diese Webseite ist global abrufbar und zeigt ständig den aktuellen Titel und die Zahl der Hörer.

Radio on demand

Im TV-Bereich ist „on demand“ in diesem Jahr ein Schlagwort geworden. Es geht dabei um die Ausstrahlung von Medieninhalten auf Abruf. Das ist auch beim Winamp und DSP möglich, sogar sehr einfach. Wenn Sie eine fertig produzierte Sendung als MP3 auf dem Rechner haben, kann diese über einen ähnlichen Weg abgerufen werden. Dazu wird die fertige MP3 in den Content-Ordner des Shoutcast-Servers gelegt (Standard: „C:\Programme\SHOUTcast\content“). Aufgerufen wird die Sendung, indem innerhalb von Winamp folgende URL angegeben wird. Das Beispiel geht davon aus, dass im Content-Ordner eine Datei namens Sendung.mp3 liegt. Wenn die Datei über einen Browser abgerufen werden soll, muss die Endung MP3 durch PLS ersetzt werden.

Wechselnde IP-Adressen

Über diese Methode gelangen Sie schnell und einfach zu Ihrem ersten Radiosender und können sowohl Musik als auch selbst eingesprochenen Ton in die ganze Welt übermitteln. Je nach Upload-Geschwindigkeit können bis zu 20 Personen den Stream abhören. Wenn nur ein anderer Computer dem Stream lauschen soll, kann die Qualität auch auf 128 kbps hochgestellt werden, um beinahe verlustfrei Musik zu übermitteln.

Leider wechselt die eigene IP-Adresse mit jeder neuen Verbindung zum Internet, so dass Sie jedem Hörer immer die aktuelle Adresse zukommen lassen müssen. Möchten Sie eine breite Masse mit Ihrem Webradio erreichen, so funktioniert diese Methode nicht mehr.

Zum einen gibt es bei jedem Internet Anbieter die Möglichkeit, sich eine statische IP anzulegen, so dass die IP nicht mehr von Ort zu Ort wechselt. Die gängisten Anbieter bieten das heutzutage kostenlos an.

Aber es gibt noch eine andere kostenlose Variante, mit deren Hilfe eine größere Zielgruppe erreicht werden kann. Möglich macht dies die Peer-to-Peer-Technolgie. Dazu mehr auf der nächsten Seite.

Die Peer-to-Peer-Technologie ist über das Filesharing bekannt geworden. Dabei werden Dateien nicht von einem zentralen Server heruntergeladen, sondern jeder, der eine Datei herunterlädt, gibt sie auch gleich für alle anderen zum Download frei. So wird der entstehende Traffic auf alle Nutzer aufgeteilt und die Bandbreite kann erheblich gesteigert werden. Auch bei einer Radiosendung lässt sich diese Methode anwenden, indem jeder Hörer gleichzeitig zum Sender wird und den Stream anderen zum Download zur Verfügung stellt.

Radio über Peer-to-Peer

Es gibt verschiedene Programme, die Ihr Radioprogramm über Peer-to-Peer verbreiten können, eines davon ist Streamer. Das Programm funktioniert prinzipiell wie der Shoutcast-Server, jedoch versendet es die Daten nach dem Peer-to-Peer-Prinzip. Für die Verbindung zwischen dem DSP-Plugin und Streamer muss lediglich der Port von 8000 auf 7999 umgestellt werden, außerdem müssen die Passwörter in beiden Programmen angeglichen werden.

Öffnen Sie dazu das Streamer-Programm und klicken Sie auf BCast in der oberen rechten Ecke. Zunächst wird der Name des Radiosenders benannt, unter dem Reiter „Sources“ wird das Passwort angegeben und anschließend wird unter dem Reiter „Station“ eine neue ID angelegt. Das geschieht mit einem Klick auf „New ID“, danach auf „Apply“. Jetzt ist das Tool für die erste Sendung eingestellt und nachdem in Winamp eine Playlist gestartet und im DSP eine Verbindung aufgebaut wurde, beginnt die erste Sendung.

Abgerufen wird die Radiosendung über das Programm selbst oder über die Webseite von Streamer. Dort werden alle aktiven Sender aufgeführt, der große Nachteil von Streamer und anderen Peer-to-Peer-Programmen ist, dass die Streams nur in dem jeweiligen Programm abgespielt und angehört werden können. Dieser Kompromiss ist unumgänglich, möchte man sich nicht an einen der professionellen Dienste wenden. Eine Alternative zu Streamer ist beispielsweise Peercast.

Professionelle Radio-Server

Wer einen festen Link zu seinem Radiostream wünscht, nicht an einen Player gebunden und unabhängig von der eigenen Bandbreite sein möchte, für den bleibt nur ein professioneller Radioserver. Den kann man entweder selbst betreiben oder man überlässt einem professionellen Dienst die Konfiguration des Servers. Das lohnt sich allerdings nur, wenn man auch mehrere Hörer erreichen kann und sich nicht davor scheut, GEMA und GVL zu bezahlen. Dazu kommen noch die Preise für den entstandenen Traffic beim Provider.

Wer über Webspace bei einem der großen Provider verfügt und zudem noch Root-Rechte besitzt, kann den Shoutcast-Server auch auf diesen Webspace installieren. Dort ist der Server ständig und vor allem immer unter derselben IP-Adresse zu finden, so bleibt der Link zu Ihren Radiosender immer gleich. Die Einstellungen des DSP müssen dazu nur geringfügig verändert werden, lediglich die Adresse muss von LocalHost auf die Adresse des Servers umgestellt werden.

Vom Piraten zum echten Hörfunker

Solange Sie Shoutcast nur dazu verwenden, um Ihre eigene Musik über das Internet auf Ihrer Arbeitsstelle oder in der Uni zu hören, ist keine GEMA-Gebühr fällig. Erst wenn Fremde diese Musik zu hören bekommen, müssen Sie Lizenzen erwerben. Die GEMA bietet eine Lizenz für Webradios für 30 Euro an, das Webradio darf allerdings nicht über mehr als drei URLs erreichbar sein, nicht mehr als 2.700 unterschiedliche Hörer haben und die Einnahmen aus diesem Projekt dürfen nicht höher sein als 430 Euro.

Die GEMA vertritt die Rechte der Künstler und Autoren, doch es gibt noch zusätzlich die GVL, die sich für die ausübenden Künstlern und Tonträgerhersteller einsetzt. Und auch die GVL möchte eine Lizenzgebühr für die Ausstrahlung von urheberrechtlich geschützter Musik. Für nicht kommerzielle Wecaster wird pro Titel und Hörer eine Gebühr von 0,0005 Euro fällig, wahlweise kann auch pauschal eine Gebühr von 0,0015 Euro pro Minute und Hörer geleistet werden. Daraus ergibt sich monatlicher Grundpreis von etwa 65 Euro.

Wenn Sie selbst musizieren und Ihre selbst geschriebenen Klaviersonaten über den Äther schicken wollen, werden diese Posten natürlich nicht fällig, da Sie selbst Urheber sind. Gleiches gilt, wenn Sie nur Geschichten erzählen oder Reportagen senden möchten, damit werden keine Urheberrechte verletzt und GEMA und GVL haben keinen Grund Geld einzufordern.

Fazit

Früher ging die Gefahr für Piraten von kleinen gelben VW-Bussen aus, die im Auftrag der Post illegale Sendemasten aufgespürt haben. Heute wird im Netz nach illegalen Sendern gesucht. Wer wirklich Lust am eigenen Radio bekommen hat, sollte es erst einmal mit Shoutcast vom eigenen Rechner versuchen. Wer dabei ein großes Publikum erreicht und Spaß daran findet, sollte auch die Künstler daran teilhaben lassen und GEMA und GVL bezahlen.

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